Nur drei Kirchen in Deutschland haben den hl. Philipp Neri als Patron.
Die Kirchengemeinde ging aus einer Schulvikarie hervor, die 1864 von Boke aus in Holsen gegründet worden war. Der Vikar, welcher auch Inhaber der Präbende Winkhausen war, versah seit dieser Zeit den regelmäßigen Gottesdienst in der 1862 errichteten Kapelle von Holsen, die in der Nähe der heutigen Kirche lag.Ob diese Kapelle bereits mit dem Beneficium des Hl.Philipp Neri verbunden war, ist nicht bekannt. Im Zuge des Kulturkampfes mußte die Vikarie jedoch 1876 aufgegeben werden. Die Kapelle wurde zur Räucherkammer profaniert. Die Einrichtung wurde von der Familie von Fürstenberg abgeholt. Der Altar soll vom Hl. Vater Papst Johannes Paul II. bei seinem Pastoralbesuch 1998 im Leokonvikt zu Paderborn benutzt worden sein. Erst 1898 kam wieder ein eigener Geistlicher nach Holsen. 1910/11 wurde sodann die heutige Kirche errichtet und dem Hl. Philipp Neri geweiht. Im Erzbistum Paderborn ist dieses Kirchenpatrozinium einzigartig. Es ist gut möglich, daß das Patrozinium auf den Einfluß der Familie von Fürstenberg zurückgeht, der das Gut Winkhausen gehörte und deren oben genannte Präbende den Hauptanteil des Einkommens des Holsener Schulvikars ausmachte. Der Paderborner Fürstbischof Ferdinand II. von Fürstenberg weihte 1666 zu Ehren des Hl. Philipp Neri ein Oratorium an der Pfarrkirche in Neuhaus. Weiterhin ist der nördliche Seitenaltar dieser Kirche dem Heiligen geweiht. Auch bestand am Paderborner Dom ein Beneficium des Hl. Philipp Neri. Nach der Weihe der neuen Kirche am 18. Juli 1911 wurde die alte Kapelle profaniert und schließlich 1976 wegen Baufälligkeit abgerissen. Seit 1922 war Holsen Pfarrvikarie. Einen eigenen Seelsorger gibt es jedoch seit 1978 nicht mehr. Die Gemeinde wird heute vom Verner Pfarrer mitversorgt.
Der Bau:
Der Paderborner Architekt Franz Mündelein, der für Verne den neugotischen Chor entwarf, lieferte hier die Entwürfe für eine der bemerkenswertesten neobarocken Kirchen Westfalens. Der Baumeister wählte den Stil des Frühbarock. Nördlich an den Turm schließt ein zweijochiger kreuzgratgewölbter Saalbau an, dem ein Dreikonchenchor, jeweils mit 4/8 Schluß, folgt. Eine derartige Lösung des Chorraums ist für das Paderborner Land äußerst ungewöhnlich. Vergleichbar ist nur die Pfarrkirche in Rheder bei Brakel (errichtet von 1716 bis 1718 durch den jungen Johann Conrad Schlaun). Die verputzten Außenwände des Gebäudes werden durch Pilaster und Architrave aus grünlichem Bruchstein (evtl. Anröchter Stein) gegliedert. Auch die Eckverquaderung des Turmes und das Mauerwerk der ehemaligen Taufkapelle und des Treppentürmchens sind in diesem Stein ausgeführt worden. Im farblichen Kontrast hierzu wurden Portale, Gewände, Gesimse und die Kämpfer der Pilaster aus rötlichem Sollingstein erstellt. Die Fenster sind durchweg rundbogig geschlossen. Lediglich im Chor befinden sich einige kleine Rundfenster. Der dreigeschossige Turm wird in seinem zweitem Geschoß durch jeweils zwei rundbogige Lisenen gegliedert. Im darüber liegenden Glockengeschoß entsprechen den Lisenen die gleichen Anzahl Schallarkaden. Über der Glockenstube erhebt sich ein achtseitige kantonierte Helm mit offener Laterne und welscher Haube.
Rundgang durch die Kirche:
Betritt man die Kirche durch die Turmvorhalle, die früher auch als Taufkapelle diente, so ist man zunächst erstaunt über die Weite des Chorraumes mit der Vierung, den man so in einem kleinen Dorf wie Holsen nicht erwartet. Bemerkenswert ist auch die einheitliche im Stil zur Architektur passende Ausstattung der Kirche. Sie wurde nach und nach, je nach finanzieller Lage der Gemeinde, angeschafft. Durch mehrere glückliche Zufälle überstand sie fast geschlossen alle Purifizierungsversuche der sechziger und siebziger Jahre.
Der frühbarocke Hochaltar gehört zur Gruppe der Portikusaltäre und wurde 1921 vom Bildhauer Schweppermann aus Wiedenbrück geschaffen. Eventuell könnte hiermit der Altarbauer und Ornamentiker Heinrich Schweppenstedde (1865-1943) in Wiedenbrück gemeint sein. In den Nischen der Predella befinden sich Büsten der vier lateinischen Kirchenväter, also der Hll. Gregor, Hieronymus, Augustinus und Ambrosius. Das Hauptstück des Altares ist als Palladio-Motiv gestaltet. Unter dem Rundbogen ist die Kreuzigung Christi als Vollplastik dargestellt. Unter dem Kreuz stehen Maria und Johannes. Im Auszug ist Gottvater als Relief abgebildet, wie er seine Arme zu seinem sterbenden Sohn ausbreitet (vgl. Verne, ehem. Hochaltarbilder). Das Relief Gottvaters wird von zwei Putti flankiert, von denen der eine die Dornenkrone und der andere das Schweißtuch dem Betrachter entgegenhält. Bekrönt wird der Hochaltar durch die Taube des Heiligen Geistes. So enthält der Altar in seiner Vertikalen eine Darstellung der Dreieinigkeit. Rechts neben der Kreuzigung befindet sich eine Figur des Kirchenpatrons,
S. Philippus Neri.
Die beiden Seitenaltäre, Marien- und Herz-Jesu-Altar, nehmen die Formen des Hochaltars auf, sind jedoch im Stil des Hochbarock gestaltet. Das Bild des Marienaltares stammt von dem Maler H. Austermann, der es nach einer Vorlage Franz Ittenbachs anfertigte. Das Vierungsgewölbe wurde 1923 von dem Geseker Kirchenmaler H. Goeke mit vier Szenen aus dem Marienleben ausgemalt. Der in München ausgebildete Künstler nahm sich für diese Arbeit die Deckenfresken von Josef Gregor Winck in der Bürener Immaculata-Kirche (1762-1765) zum Vorbild ohne sie jedoch zu kopieren. Dargestellt sind Mariä Verkündigung, Mariä Heimsuchung, Mariä Himmelfahrt und die Krönung Mariens zur Himmelskönigin durch die Hl. Dreifaltigkeit.
Die vollpneumatische Orgel, deren Prospekt durch kupferne Pfeifen belebt wird, wurde 1935 vom Orgelbaumeister Feith aus Paderborn eingebaut.
Orgelbühne, Beichtstuhl, Kreuzweg, Taufstein, Kirchenbänke und Sedilien im Chor runden das Bild ab. Schließlich sei noch auf den Zyklus der Glasmalereien der Fenster hingewiesen. In Kartuschen sind die acht Seligpreisungen aufgeführt, die mit jeweils einer passenden Heiligendarstellung in Verbindung gebracht werden. In den Rundfenstern über beiden Seitenaltären begegnen uns nochmals der Hl. Liborius und der Hl. Philipp Neri.
Quelle: Rüdiger Weinstrauch, Verne
Wandkalender 2012, Erzbistum Paderborn 2012 (Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn)